BMW Motorrad – Oder wie man einen Love-Brand zerstört

Ich weiss, ich weiss, man möchte lieber wissen, wie man denn einen „Love-Brand“ aufbaut. Quasi den Heiligen Gral des Marketings erreicht. Das ist gar nicht so einfach, aber anhand daran, wie man denn den Love-Brand zerstört, kann man ja auch schon viel lernen. Hier ein Beispiel:
BMW-Motorrad war für mein ein solcher Love-Brand. Was musste ich mir anhören, weil ich BMW fuhr (Charakterlos, nur für Zahnärzte, Hobby-Abenteurer, langeweilig, etc. pp.). Insbesondere, weil ich ne R1200GS fahre, ne Reiseenduro und die heilige Kuh von BMW Motorrad. Quasi der Land Rover mit Strassenbereifung (mit dem ich aber zumindest schon mal ans Nordkapp fuhr). Das habe ich bisher mit einem süffisanten Lächeln weggesteckt, weil ich insgeheim wusste, die Kiste ist halt besser, sie funktioniert immer und spätestens wenn die Kritiker selbst mal damit fahren, wollen sie danach nichts anderes mehr. Darum haben wohl auch schon ein paar Personen wegen mir ne GS gekauft. Das war für 15 Jahre so. Ich habe nach acht und vor sieben Jahren die damals neue GS ungesehen und ungefahren gekauft, ins Blaue raus, weil ich mir sicher war, BMW Motorrad kann sich keinen Fehler erlauben. Ein Love-Brand eben.

Heute würde ich das nicht mehr tun. Zu vieles lief und läuft da schief. Da gab es erst Rückrufe (Kupplung), Garantiefälle (Lichtanlage), Qualitätsmängel (Getriebewechsel). Zuletzt fiel mal ein Zusatzscheinwerfer aus, den ich erst vor 2 Jahren gekauft hatte und der gerade mal 5000 Km hielt. Mehrere Wochen konnte der dann nicht geliefert werden. Aktuell musste ich einen Kupplungsmikroschalter (das sind so Schalter wie in der Maus, einfach für Draussen – Dutzendware) und das Windschild (ein durchsichtiger Plastik mit vier Löchern drin) wechseln, das war bei den Bohrungen gerissen und das bloss vom gelegentlichen Fahren. Kostenpunnkt: Rund 600 Franken. Das ist schon sehr dreist: Einerseits wie schnell und ohne Fremdeinwirkung das alles kaputt geht und wie viel das dann kostet. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und meint, irgend jemand setzt dort auf die Druckerphilosophie und möglichst viel Neuverkauf.

Was am stärksten stört, ist aber, dass BMW Motorrad die Kunden nach dem Kauf schlicht egal sind. Als ich den defekten Zusatzscheinwerfer oder ein Problem mal monnierte (die Frage war, warum soll ich wieder Vertrauen in die Marke haben, die von viel Abenteuer spricht, bei der das grösste Abenteuer inzwischen aber nicht auf dem Motorrad stattfindet), kam online gar keine Antwort. Die Mail wurde dann nach vier Wochen (nach dem Vorführtermin) dahingehend beantwortet, dass man nicht kulant sein könne (war gar nicht gefragt), ich doch für das Vorführen einfach die Lampen abschrauben solle (der Termin war bereits drei Wochen durch) und man wünsche mir viel Freude am Fahren (finde den Fehler). Nota bene hatte ich mein letztes Motorrad zuletzt nach acht Jahren gekauft, es hätte ja gut sein können, dass nächstes Jahr wieder ein Neukauf anstünde (aber as ging beim ganzen Content-Marketing-Hype wohl vergessen, das das erst funktioniert, wenn man die Hausaufgaben gemacht hat).


Mich vergrault so etwas. Es ist verrückt, BMW-Motorrad war ein Love-Brand und hat es in wenigen Jahren geschafft, dass ich :

  • BMW-Motorrad sicher nicht mehr weiterempfehlen werde.
  • Ich meinen Neukauf so lange wie es geht herauszögern werde.
  • Bei einem Neukauf erstmals nicht einfach das (Nachfolge)-Modell kaufen werde, das ich im Kopf habe, sondern unterschiedliche Fahrzeuge evaluieren werde.
  • mich als Kunde einfach selbstverständlich als Zahler fühle.
  • als Kunde lieber alle Marketing-Aktivitäten abbestelle, weil es nur noch ärgerlich ist, wenn man mit Verkaufsförderung befeuert wird und Anfragen unbeantwortet und ungelesen beantwortet werden.

Wie es andes geht, das zeigt mir Fujifilm, ein Love-Brand. Ich habe eine Kamera die mir beim Kauf viel Spass machte, bei der ich keinen Kundensupport brauche, weil sie nie kaputt geht. They never let me down. Die Kamera wurde mehrfach kostenlos über Firmware-Updates mit bessern und zusätzlichen Funktionen in ihrem Wert gesteigert und deren Einsatzdauer verlängert. Es ist für mich absolut klar, dass die nächste Kamera wieder eine Fuji sein wird. Dieser Kauf steht an: Einziger Haken ist, der Neupreis der aktuellen X-T4 war/ist mir im Vergleich zum Vorgängermodell etwas zu hoch. Jedes Mal, wenn mir das vor dem Kauf durch den Kopf gehen wird, werde ich daran denken, die 600 Franken Differenz zur X-T3 schon an BMW-Motorrad für überteuerte Erstatzteile bezahlt zu haben. Das ist denen egal, sie meinen wohl, wenn sie mir einfach viel „Freude am Fahren“ wünschten und sinnbefreite TikTok-Videos um die Ohren haufen, sei alles super. O tempora, o mores!

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