Ein paar gewichtige Gedanken zu unserer (Elektro-)Mobilität

rmtgmAktuell ist ein grosser Hype für Elektroautos im Gange. Das brachte Diskussionen auf:

  1. Graue Energie für die Herstellung
  2. Wie die Elektrizität dafür hergestellt wird
  3. Wie geil die Beschleunigung ist.

Diese Diskussion möchte ich nicht führen, nur ein paar Anmerkungen aus meiner Sicht:

  1. Gut wird dieses Thema noch stärker diskutiert , auch für Antriebe mit CO2-Ausstoss. Leider sind solche Rechnungen schwierig und darum angreifbar.
  2. Wir wissen eigentlich, dass das in der Schweiz heute und absehbarer Zeit nur mit Atomstrom oder eingekauftem (Atom-) Strom geht. Leider ist das Risiko von Atomstrom ein grosses und schwer berechenbar. Darum sind alle Argumente für und wider angreifbar.
  3. Jup!

Darum thematisiere ich in diesem Blogpost zwei andere Punkte, deren Rechnungen einfach sind:

  1. Das Gewicht, das wir bewegen, um einen einzelnen Menschen mehr Mobilität zu geben
  2. Der Mix erzielt durchschnittlich die besseren Resultate, als einzelne Lösungen

Zum Gewicht

Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Die Arbeit, die man dafür aufwenden muss, ist das Produkt aus Kraft und Weg. Einfach gesagt: Je mehr Masse wir also bewegen müssen umso mehr Energie müssen wir dafür aufwenden (ganz einfach Mechanik, die verstand sogar ich in der Physik). Das Tesla Model S wiegt 2100 Kg. Es muss also viel elektrische Energie aufgewendet werden, um einen Körper von sagen wir mal durchschnittlich 80 Kg zu bewegen. Zum Vergleich: Mein gebrauchter «Schwedenpanzer» Saab 900 – mein einziges alltagstaugliches Fahrzeug, das ich je besass – wog damals, 1990, 1300 Kg.
Es ist ja meines Wissens immer noch so, dass Personenwagen Einzelpersonenwagen sind. Natürlich kommt es darauf an, wie gross der Schadstoffausstoss dafür ist. Das ist aber eben eine sehr schwierige Rechnung, die in der aktuellen Diskussion unzulässig stark vereinfacht wird. Ganz unabhängig davon, ist es einfach Schwachsinn, so viel Energie aufzuwenden, um eine einzelne Person zu transportieren. Diese Rechnung ist extrem einfach. Darum sollten wir diese aus meiner Sicht primär führen, natürlich vor allem auch bei den Verbrennungsmotoren. Ich habe dazu mit den Angaben aus Wikipedia eine kleine Tabelle erstellt:

Fahrzeugmodell 80er / Gewicht in kg 2010er / Gewicht in kg Delta %
Golf 750 1205 61
Peugeot 205/208 720 1100 53
Opel Corsa 735 1120 52

Das Gewicht von jedem Fahrzeug ist in der Zwischenzeit um mindestens 50 Prozent gestiegen und wir fahren rund 400Kg mehr mit uns rum (und ich habe die leichtesten Modelle verglichen). Trotz Leichtbauweise, sei angemerkt. Die Motoren werden immer grösser, weil wir mehr Fahrleistung wollen und die Ausstattung immer umfangreicher wird (Seitenaufprallschutz, Airbag, Klimaanlage, Supidupi-Sitze mit 1000 Einstellmöglichkeiten, Displays, kräftige Soundanlage, elektrischer Kofferraumdeckel, etc. pp.). Die Aufprallkräfte werden dadurch auch grösser, was vor allem für leichtere Verkehrsteilnehmer kritisch wird. OK, die Knautscheigenschaften kompensieren das wieder ein klein wenig. Letztlich haben wir wohl fast den selben Fahrspass, viiel grössere Motoren, viiiel mehr Komfort und wohl auch mehr Sicherheit und den etwas tieferen Verbrauch wie vor dreissig Jahren. Die Verbesserung beim den Schadstoffausstossen ist aktuell ja etwas in Diskussion. Wo wären wir bloss, wenn wir uns ne Limite von 900-1000 kg für einen Kleinwagen gesetzt hätten?

Noch was zu Tesla: Ich finde gut, was Tesla hinbekommen hat, nämlich den Weg aufzuzeigen, dass es geht. Dem Markt ein Angebot schaffen, damit dieser (also wir) eine Wahl haben, was alle Automobilhersteller bisher nicht geschafft haben. Der nächste Schritt wird sein, die Techniken vernünftig einzusetzen.

Zum Mix

Ich meine, es macht nicht viel Sinn, alle unsere Personenwagen auf elektrischen Antrieb umzustellen, solange wir keine genaueren Antworten über die ökologisch nachhaltige Stromgewinnung und die Rechnung mit der Grauen Energie eindeutig beantwortet haben. Zu Elektro-/Benzin-Hybriden bin ich kritisch eingestellt, solange sie mit so viel Luxus-Schnickschnack ausgerüstet und schwer sind, wie ich schon mal feststellen musste.

Zudem ist «Eine Lösung für alles» selten gut. In Aktienmärkten schlägt der Index isolierte Strategien auf Dauer immer, sich nur von Bohnen ernähren ist genauso ungesund, wie sich nur von Wurst zu ernähren und immer dasselbe Kompliment, löst nur Gähnen aus. Auf Dauer bringt der Mix also meist die beste Lösung, wieso also auch nicht in unserer Mobilität?

Beispielsweise so:

  • Fürs Pendeln (commuting) setzen wir auf Elektromobiliät, wer mit Verbrennungsmotoren oder zu schweren Fahrzeugen in die Stadt fährt, zahlt ein «Road Pricing», von mir aus zweckgebunden in die Erforschung von alternativen Energien. So können grosse Schadstoffkonzentrationen in Städten gedämpft werden, zudem werden die Fahrzeuge im Stadtraum wieder leichter.
  • Für Langstrecke setzen wir auf einen Hybrid aus Brennstoffzelle und Verbrennungsmotor. Ein interessantes Modell habe ich mal von einem Brennstoffzellenforscher schon vor vielen Jahren gelesen. Er meinte, es gehe noch sehr lange, bis die Brennstoffzelle (mit Wasserstoff oder fossiler Energie) für einen Antrieb genügend Markfähig sei. Sein Ansatz war, alle elektrischen Verbraucher über eine Brennstoffzelle zu speisen. Denn die machen heute einen enormen Anteil des Verbrauchs an. Darum werden Motoren und Lichtmaschinen, die zudem einen schlechten Wirkungsgrad haben, immer schwerer. Mit diesem Hybridmodell können die Motoren wieder kleiner (und leichter) werden und nur noch für den Antrieb zuständig sein. Wenn dadurch jedes Fahrzeug 2.5 l/100Km weniger verbraucht, ist schon ein enormer Schritt gemacht, bis wirklich zukunftsfähige Lösungen anstehen.

Man kann jetzt natürlich einwerfen, dass dann jeder zwei Fahrzeuge braucht und das viel Graue Energie bindet, aber wie viele Haushalte bei denen eine Person pendelt, haben heute bereits zwei Fahrzeuge? Eben!

Ich bin weder Fahrzeug- noch Umweltingenieur, darum habe ich bei diesen Überlegungen vielleicht auch etwas Wichtiges nicht bedacht. Ich habe in meinem Leben als Techniker, Marketer und Querdenker aber gelernt, dass man nicht das Ideale anstreben sollte, sondern das Machbare mit Zukunftspotenzial. Die Mutter aller Lösungen gibt es nicht, schon gar nicht, wenn wir nicht verzichten wollen. Darum sollten wir für eine künftig ökologischere Mobilität, die immer noch Spass macht, mehr über den Mix und endlich mehr über Gewicht sprechen.

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Das Öko-Feigenblatt

Ich lebe in der Stadt und besitze nur ein Motorrad. Das ist ökologisch nicht die Weisse Weste, brauche ich es zumal auch mal nur für eine Ausfahrt. Obschon ein Durchschnittsverbrauch von 5l/100Km für eine Maschine mit grossvolumigem Motor (1200cc) als sehr gering gilt, ist das doch eine Menge, wenn man das Gewicht mit dem eines Autos vergleicht. Nun, der Luftwiderstand ist halt immens grösser als bei einem Auto (ein gutes Auto hat einen cw-Wert von ca. 0.28, ein Motorrad etwa 0.7) und da dieser mit zunehmender Geschwindigkeit im Quadrat steigt, ist schnell klar, woher der Verbraucht kommt.  Ein Auto besitze ich dafür keines oder nur temporär, wenn ich mir eines über Mobility Car-Sharing borge. Wenn man das Fahrzeug für einen ganzen Tag braucht, kann das auch ganz schön teuer werden, darum bieten sie dafür die Möglichkeit, bei gängigen Autovermietern ein Fahrzeug zu mieten. Tolle Sache, Mobility und ökologisch sehr sinnvoll.

Emotionen steuern die Wahl

Fahrzeug Citroën DS5

Dass wir uns bei einem Kauf(oder Miet)-Entscheid von unseren Emotionen steuern lassen, ist nichts Neues. Ich merkte das, als ich sah, dass ich für nur 10 Franken mehr statt irgendeiner namenlosen Büchse eine Alfa Romeo Giulietta mieten konnte. „Herz hüpf, schönes Auto, endlich mal sehen, ob die Alfas denn wirklich so tolle Autos sind“, sagte das Teufelchen auf meiner Schulter. Das Engelchen sagte: „Schau dir mal den Verbrauch an, da kannst du bei geplanten 300 Km gleich für 10 Franken eine Klasse höher, mit noch tieferem Verbraucht buchen und fährst günstiger. Zudem ökologisch, ey!“ Was soll ich sagen? Das Teufelchen gewann.

Bei der Buchung stand da: „oder vergleichbar“. Ich ahnte schon, dass ich ein vergleichbares Fahrzeug erhalten würde,  bekam dann einen Citroën DS5 Hybrid. „DS“ oder eben „Deesse“ bezeichnete damals  -zurecht- die Göttin der Fahrzeuge. Heute sieht die Kiste mehr aus wie ein Transformer aus den bekannten Hollywood-Filmen. „Ein Auto voller moderner Technik“, beteuerte die Vermieterin. Da hatte sie recht.

Der Öko-Schwachsinn

Ich stieg also ein und stellte mal Spiegel und Sitz ein. Dafür betätigte ich etwa 20 Elektromotoren. An die Spiegelverstellung hat man sich unterdessen ja gewöhnt, ist auch praktisch. Aber wieso muss man den Sitz elektrisch mit einem schweren Kerl darauf sitzend verstellen könne? Ich meine, bei konventionellen Fahrzeugen mache ich einen Griff unter den Sitz, Zack! im letzten Rastpunkt: schnell, einfach, praktisch. Aber das ist wohl wie mit der Klimaanlage, die ist ne Verbrauchsschleuder, aber halt einfach so praktisch, dass ich sie auch nicht mehr missen möchte. Daneben hatte es ein Head-Up-Display, das sich elektrisch verstellen lässt, drei elektrische Dach-Rollos, ein elektrischer Kofferraumdeckel, Massagesitze und ein Staufach in der Armablage das gekühlt und beleuchtet ist. Das ist alles praktisch, aber ökologisch kompletter Schwachsinn.

Mit weniger Fahrzeuggewicht und weniger elektrischen Verbrauchern könne der Verbrauch wohl am wirkungsvollsten gesenkt werden.

Man kann sich zudem überlegen ob es sinnvoll ist, ein Fahrzeug für den Hybridantrieb ca. 300Kg schwerer zu machen. Das Hybrid-Fahrzeug wiegt rund 1800 Kg! Zum Vergleich: Das einzige alltagstaugliche Auto, das ich je besass, war ein gebrauchter, alter (Jahrgang 1986) Saab 900 Aero Turbo. Der hatte auch den ganzen elektrischen Schnickschnack, einen aufwändigen Motor und dickes Blech. Dieser „Schwedenpanzer“ wog damals 1300 Kg (und verbrauchte 10l/100Km).

Da ich mit dem DS5 vor allem auf der Autobahn unterwegs war, lief der Elektromotor eher selten, ausser es war Stau (es war) und für das Rollen in der Stadt. Die Überraschung kam an der Zapfsäule, als ich für etwas mehr als 300 Km etwas weniger als 20l Diesel nachtanken musste. OK, war von der Vermietung wohl nicht ganz voll (alter Trick), der Motor hatte erst 3000 Kilometer auf dem Buckel, die Klimaanlage musste bei 35 °C ordentlich arbeiten und im Stau hatte ich auch die Massagefunktion eingeschaltet, das macht man dann halt wie automatisch, überall rumdrücken. Aber man kann es drehen und wenden wie man möchte. Das ist massiv zu viel. Dass der Motor „Airdream“ (!) heisst, wirkt dann fast zynisch.

Ein Feigenblatt für die Ökologie

Ein Hybrid-Auto mit 1800 Kg Gewicht, dessen Diesel säuft und der mit Elektromotoren und -Verbrauchern nur so vollgestopft ist, soll uns das Gewissen beruhigen. Offenbar funktioniert das, denn die Fahrzeuge werden allgemein von Jahr zu Jahr schwerer und es gibt kaum kritische Stimmen gegen Hybrid-Autos. Zudem, weil ich auch nicht weiss, was mit all den Batterien mal geschehen wird (weiss das jemand?). Wie auch immer, es wird auf jeden Fall viel graue Energie brauchen für die Aufbereitung und Entsorgung.

Nichtsdestotrotz glaube ich, dass der Hybrid-Antrieb in die richtige Richtung geht, es sicher bessere Hybrid-Fahrzeuge als den DS5 gibt und wenn mal eine Wasserstoff-Brennstoffzelle die Batterie ablöst und der Verbrennungsmotor nur noch für Vortrieb dient (tschüss Alternator), dann haben wir wohl einen sehr grossen Schritt gemacht. Dass Autos wieder leichten werden, daran glaube ich nicht, wenn ich sehe, wie viele SUVs und hubraumstarke Fahrzeuge so in der Stadt unterwegs sind. Vielleicht sollten wir uns überlegen, in unseren Schulen statt Frühenglisch, Physik und Ökologie einfliessen zu lassen, damit wir künftig besser erkennen, wenn uns Öko-Feigenblätter vorgehalten werde. Das ist Polemik, zugegeben.