Internet-Superstars? Nein, Twitter-Hippies braucht das Land

Kürzlich hat David Worni Blum (2666 Follower) unter dem Titel „Wie man zum Internet-Superstar wird“ einen beachtenswerten und ungemein beachteten Blogpost verfasst. Ich (743 Follower) bin weiss Gott [you name it] kein Internet-Superstar und ich will – ganz ehrlich – auch keiner werden. Halt! Mag man darauf einwenden, es gibt auf Twitter keine Menschen ohne Geltungsdrang. Stimmt, auch ich habe gerne, wenn meine Tweets gelesen werden und verstehe nicht, wieso der Tweet, den ich supercalifragilistikexpialidotios-lustig fand, von niemandem mit einem Sternchen versehen wurde, ganz im Gegensatz zu einem lakonisch dahin geschriebenen geistigen Aussetzer. Die Chance auf Sternchen wäre mit optimalem Timing sicher grösser, also habe ich mir schnell die Buffer-App und Social Bro herunter geladen und zu werkeln begonnen, doch plötzlich sagte ich mir, „was tust du hier eigentlich“?

Um was geht es eigentlich

Damit ich hier nicht einen falschen Eindruck erwecke: Ich find den @dworni @david_blum und sein Blogbeitrag toll. Die Beispiele in meinem Blogpost sind so auch keine über David, denn ich bin froh um all seine Links und Tipps, ganz generell und im Speziellen macht das was er zu mehr Followern sagt, ja sehr viel Sinn.
Damit meine Timeline nun um neun Uhr nicht von einer Lawine gebufferter Tweets erdrückt wird und ich mit der Sondierstange nach solchen stochern muss, auf die jemand antworten kann, möchte ich etwas zum Nachdenken anregen.

Size doesn’t matter

Mir geht die ganze Prahlerei um die Follower- oder Freundes-Zahl recht auf den männlichen Drüsenhalter. Das meine ich wohlgemerkt für persönliche Accounts und nicht für solche, die Soziale Medien Netzwerke zu Geschäftszwecken nutzen, von denen also abhängt, ob am Freitag Butterbrot oder Rindsbraten auf den Tisch kommt.

Schon seit dem ersten Tag auf Twitter hatte ich Mühe damit, dass mir Leute sagten, dass ich da was falsch mache. So tu ich auch heute immer noch so manchens, was „man“ nicht tun sollte:

  • Ich gebe nicht meinen vollen Namen an und finde mich kein bisschen weniger authentisch dabei. Ich mach das, weil mich nicht jeder auf Anhieb finden soll, aber finden kann und darf (wer es wissen möchte, der gibt im Kommando-Fenster einfach mal „whois slartbart.com“ ein, man darf mich an der Adresse auch besuchen kommen oder Kuchen hinschicken).
  • Ich verwende für #slartfuzius und #superslart keine separaten Accounts
  • Ich schreibe nicht nur über Fachthemen, oder nur Lustiges, oder nur Schlaues, oder Halbschlaues. Ich mach ein grosses Twitter-Birchermüesli draus.
  • Ich überreize auch schon mal so manche Timeline, weil mir grad hundert Dinge ein- und auffallen.
  • Ich twittere impulsiv, weil ich so bin (nicht immer, aber manchmal, dafür recht heftig).
  • Ich verwende auch schon mal bescheuerte Hashtags, weil ein Tag ja ein Anhängsel ist und ich meinen Tweets anhängen kann was ich will.

Und was ich auch nicht will (ganz ohne rebellischen Unterton) ist:

  • „taktische“ Tweets schreiben
  • Jemandem zu folgen, um ihm eine Direktnachricht zu schreiben und danach wieder zu entfolgen – gewisses Zwitschervögel tun das tatsächlich-, wieso auch immer.
  • auch noch meine Meldungen planen und koordinieren müssen (weil planen und koordinieren tu ich als Marketingleiter den ganzen Tag schon genug)

Genau weil ich so bin, führt das dazu, dass gute Tweets nicht ankommen oder dass ich einen Tweet lösche, bei dem die Idee so schnell in den Fingern war, dass sich das Hirn nicht mehr dazwischen schalten konnte.

Mehr Mut!

In den siebziger Jahren hatten sich die Hippies die Kleider vom Leib gerissen (und noch vieles mehr getan), um sich gegen den Konformismus aufzulehnen. Ich war damals ja noch hinter dem Mond (oder wo auch immer) und kenne das nur vom Hörensagen, fände aber mehr Hippietum täte Twitter gut. Drum rege ich an, es mir gleich zu tun, die Konventionen über Bord zu werfen und einfach drauflos zu twittern. Impulsiv, ohne Rücksicht auf andere Timelines (Gewisse Apps könne zu laut zwitschernde Vögel mal für einen Tag ausblenden). Schreib wann du willst und was du willst, auch wenn der Supertweet dann vielleicht nicht gelesen wird. Schreib auch mal politisch Unkorrektes, auf die Gefahr hin, entfolgt zu werden. Benutze die Energie und die Kreativität für den Content, indem du was Schönes schreibts und nicht für die Optimierung deiner Followerzahl, das kommt dann von selbst und wenn nicht, so what?

Harmony and understanding
Sympathy and trust abounding
No more falsehoods or derisions
Golden living dreams of visions
Mystic crystal revalation
And the mind’s true liberation. [Hair-Aquarius]

Wieso ich jemandem folge

Für mich macht es keinen Unterschied, ob eine(r) 15 oder 1500 Follower hat, ich folge einfach Menschen:

  • die etwas aus ihrem Leben erzählen
  • die witzig sind
  • die Interessantes von sich geben
  • die auch mal widersprechen
  • die gerne in den Dialog treten (aber nicht nur darum twittern)
  • die was tun, statt nur zu bemängeln
  • die Sprache als Sackmesser und nicht als Hammer sehen
  • die man auch in Real Life mal sehen kann
  • die auch auf die Rechtschreibung achten
  • an deren Tweets ich mir erfreuen kann

Das sind übrigens alles Dinge, die auch ein @dworni @david_blum auf sich vereint und darum folge ich ihm und mir ist dabei völlig egal, wenn ich ganz viele Tweets von im verpasse, es hat genügend gute dabei. Wenn ich keine verpassen möchte,  könnte ich ja auch Listen erstellen und lesen (was ich aber auch nicht tu, du ahnst warum).
Mir folgen ja auch ein paar Menschen (und ein paar Firmen und ein paar Roboter), ganz so schlimm kann mein „Fehlverhalten“ ja nicht sein. Vielleicht werde ich auch mal die Buffer-App verwenden, um anderer Timeline zu schonen, aber sicher nicht darum, um zu den besten Tageszeiten zu tweeten. Wegen meinem Twitter-Birchermüesli sieht nämlich auch mein Social-Bro-Graph aus wie ein Frosch, der nicht mehr rechtzeitig über die Strasse kam und ein Auge einfach auf 9 Uhr  liegen blieb.

Frosch, geplatzt

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15 Kommentare zu “Internet-Superstars? Nein, Twitter-Hippies braucht das Land

  1. Sehr sympathisch! Ich sehe das ganz ähnlich wie du. Auf meinem persönlichen Twitter-Account erzähl ich was mir jetzt grade wichtig ist und es ist mir noch nie in den Sinn gekommen das Zeugs „besser“(?) zu planen. Wozu auch 😉

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