The Red Bull Innovator – Wie man Neukunden vergrault

Red Bull verbindet man mit gutem aber vor allem auch aggressivem Marketing. Die Leistung ist beeindruckend. Man stelle sich vor, man ginge zu einem Investor, sagte dem: „Wir füllen Wasser und Zucker in Dosen ab, es riecht nach Gummbärchen, wir nennen es ‚Energy Drink‘ und mit dem Verkauf bauen wir dann Autorennställe, Flugshows, Events, Fallschirmsprünge aus dem Weltall und all so Zeugs auf“. Die Runzeln über der hochgezogenen Augenbraue wäre wohl tiefer als die St-Andreas-Spalte. Das ist natürlich alles übertrieben, aber die Marketingmaschinerie von Red Bull und das damit verbundene Resultat ist schon sehr beeindruckend. Dass sich der Konzern dann solche Aussetzer bei der Neukundengewinnung für ihr Magazin „Innovator“ leistet, wie ich nachfolgend beschreibe, ist verwunderlich.

Neukundengewinnung

Wie wichtig die Neukundengewinnung im Marketing ist, muss man wohl niemandem mehr erklären. Bei vielen Firmen wird darob gar vergessen, noch irgendwelches Geld in für die Bestandeskunden aufzuwerfen. Die Neukundengewinnung ist aus verschiedenen Gründen wichtig. Einerseits weil wie geschrieben viel Geld investiert wird. Dieses Geld muss wieder reingeholt werden, wenn man keinen Verlust erwirtschaften möchte. Andereseits beginnen Neukunden erst eine Marke zu erleben. Es ist so quasi wie beim ersten Kuss einer neuen Liebschaft. Man ist auf sich aufmerksam geworden (Werbung), hat sich bei den ersten Treffen etwas beschnuppert (Test-Abo) wenn das alles gut verläuft, ergibt sich eine Bindung. Wenn es sehr gut läuft, eine ganz lange (hoher custormer lifetime value). Wenn man es schon beim ersten Date versemmelt, wird das danach nichts mehr. „You never get a second chance to make a first impression“ heisst es nicht umsonst.

Anleitung zum Versemmeln

Ich bin ein Marketingmensch und bin zurzeit wieder in einem Marketing-Studium (man lernt nie aus). Im Rahmen dieses Studiums wurde mir für ein Jahr kostenlos ein Abonnement des „Innovators“ von Red Bull angeboten. Das ausgelegte Magazin war hübsch aufgemacht und der Inhalt wird mir sicher auch etwas Inspiration fürs Studium geben, dachte ich. Ich hinterliess also meine Informationen. Dann ging ein Ablauf los, der wohl in keiner Customer-Journey bisher beschreiben wurde:

  1. Anstelle der ersten Magazin-Zusendung erhielt ich eine Rechnung mit dem Vermerkt, dass mein Test-Abo jetzt abgelaufen sei und ich fortan zu zahlen habe. Das war ja schon mal ein Seemannsköpfler in den Fettnapf der Neukundengewinnung.
  2. Daraufhin schrieb ich ein Mail mit der Bitte, alle meine Daten umgehend zu löschen. Auf dieses Mail erhielt ich keine Antwort und meine Daten wurden nicht gelöscht, wie ich merkte.
  3. Als Nächstes kam ein Entschuldigungsschreiben per Post. OK, Fehler können geschehen, aber auf mein Mail wurde nicht eingegangen.
  4. Wenige Tage später erhielt ich dann eine Zahlungserinnerung. Ich fragte mich, ob die Kundendaten per Post-it verwalten.
  5. Wieder ein paar Tage später erhielt ich ein erneutes Entschuldigungsschreiben, dieses Mal in einem C4-Couvert.
  6. Das C4-Couvert wurde ungenügend frankiert und weil keine Absender-Adresse draufstand, werde ich als Empfänger gebeten, das fehlende Porto zu bezahlen.

 

 

Man bleibt etwas ratlos zurück, aber innovativ war das. Vielleicht habe ich das Magazin ganz einfach falsch verstanden.

 

PS: Zum Schluss wird mir im Schreiben übrigens „weiterhin viel Lesevergnügen“ gewünscht und dass man mir bei Fragen gerne zur Verfügung stünde. Vielleicht muss ich meinen Aufruf zur Datenlöschung als Frage definieren?

Nachtrag (28. März 2020):

7. Ich bekam ein Mail, in dem mir mitgeteilt wurde, dass mein Gratis-Abonnement wunschgemäss storniet wurde (mein Wunsch war übrigens, dass sie alle meine Daten löschen)

8. Einen Monat später wurde mir die erste Ausgabe zugestellt.

Nachtrag (30. September 2021):

9. Inzwischen bekomme ich ihn erneut zugestellt

10: Social Media von Red Bull meldet sich auf mein inzwischen hoffnungsloses anpingen, durchaus freundlich, ich solle mein „Anliegen“ doch per Mail senden. Irgendwie wurde aber noch nicht verstanden, dass es inzwischen wohl langsam zu ihrem Anliegen wird – denn mein Geduldsfaden hängt am letzten Zwirn.

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