Wind und Wetter

Auf dem Motorrad ist man dem Wetter ja direkt ausgesetzt. Hände werden klamm, das Visier beschlägt bei Tunnel-Einfahrt, Regen durchnässt oder lässt einem so beweglich wie ein Michelin-Männli machen und Scheibenwischer gibt es auch nicht. Die Strasse, teilweise Schotter und rutschig, da und dort ein Schlagloch oder aufgbrochener Asphalt, dem man ausweichen möchte. Genau das macht das Abenteuer Motorrad aus, denn das Erlebnis wird intensiver. OK, der Regen geht einem mit der Zeit doch auf den Drüsenhalter. Aber es gibt auch diese positiven Überraschungen, wie heute, als eigentlich durchwegs Regen angesagt war und ab Trondheim die Sonne schien und die schlottrig kalten Temperaturen um 12 Grad auf 20 Grad anstiegen. Zu guter Letzt kamen wir in einem traumhaft schön gelegenen Hotel an. Alles ist gut. Übrigens geht es auch meinem Rücken besser. Motorradrütteln scheint eine gute Therapie zu sein. 

 

über 700 Brücken musst du fahren

 
Lofoten

Für mich waren die Lofoten der eigentliche Höhepunkt der Reise und ich wurde nicht enttäuscht. Auch wenn immer wieder mal etwas Regentropfen fielen, ist diese Berginsellandschaft inmitten des Europäischen Nordmeers schlicht beeindruckend. Es kommt einem vor wie wenn die Alpen mal bis auf 1000 Meter mit Meer aufgefüllt wurden. 

 
 

Einmal mehr in den Bauch einer Fähre von Moskenes nach Bodø


Viel mehr Fotos habe ich auch nicht gemacht. Bei Regen fotografiere ich nicht, weil es meist keine guten Fotos gibt und man nicht noch mehr anhalten möchte, als man das sonst auf dem Motorrad bei 6-10 Stunden Etappendauer schon nicht tun will. Zudem sind beispielsweise die unglaublichen Weiten auf den Hochplateaus schlicht nicht dramatisch genug einzufangen (zumindest für mich nicht). Meist zog auch ein zügiger Wind (siehe Hände, klamm). 
Morgen geht es nun schon auf die letzte Etappe nach Oslo, mit der Fähre nach Kiel und dann Rückfahrt nach Zürich, mit einem Tagesaufenthalt in Hamburg, auf den ich mich auch schon sehr freue. Quasi die Klammer um die Reise.  

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Norwegen, so

Wir haben recht viel Wetterglück auf unserer Reise, darüber sind wir uns einig. Klar, auch heute wurden wir eine Stunde stark verregnet, aber es war eine Stunde auf sechs. Nicht sechs von sechs. Diese Weeterschwankungen gehören zur Natur Norwegens, das irgendwie Kanada und Neuseeland zusammen ist (auch wenn ich Neuseeland nur vom Hörensagensehen kenne).  

Das könnte auch in den Rocky Mountains sein

 
Norwegen ist aber auch Lachszucht, denn unser unstillbares Bedürfnis nach diesem Fisch führt zur industriellen Produktion. Ob das gut oder schlecht ist, darüber scheiden sich die Geister. Die Zuchtbecken sind aber in jedem der unzähligen und beeindruckenden Fjorde zu finden. Wie olympische RInge stehen sie dort im Wettstreit um Erträge.  

Fischzucht – des Salmes Kern

 
Doch wo Fjorde sind, braucht es auch Brücken, Tunnels und Fähren. Wenn man schon meint, dass wir Schweizer in jeden Berg ein Loch bohren, dann graben die Norweger unter jedem Fjord einen Tunnel, oder bauen eine beeindruckende Brücke darüber. Wenn das irgendwie nicht geht, dann gibt es die sehr speditiven, unkomplizierten und modern wirkenden Fähren. 

 

Fähre, Meertauglich

 
Alles prima in Norwegen also? Nein, auch hier ist nicht das Paradies. Viele Orte wirken unnahbar und kalt, die Strassen sind zum Teil in einem schlechten Zustand und Restaurants oder Cafés findet man fast nur an Tankstellen. Der Terroranschlag von 2011 ist in allen Zeitungen.  Was aber sehr positiv auffällt, ist das stressfreie Motorradfahren, die Hilfsbereitschaft, die Englischkenntnisse, die Gastfreundschaft und sicher noch vieles mehr, das mir jetzt gerade nicht mehr einfällt. Was fällt sonst noch auf? Während wir unsere Flachdächer besser oder schlechter begrünen und Überlegungen zur Vertikalbegrünung anstellen, haben die Norweger schon lange die Giebelbegrünung eingeführt. Das sieht auch noch toll aus. Überhaupt: In Norwegen ist irgendwie alles ein Haus; die Bushaltestelle, die Werbung, der Briefkasten, sie alle haben einen Giebel, bunte Farben und weiss gerahmte Fenster. 

Mehr Fotos?

Ich weiss, ihr möchtet sicher gerne noch mehr Fotos sehen, aber auf dem Motorrad ist das etwas schwierig und man kann auch nicht an jeder Ecke anhalten, Helm / Handschuhe abstreifen, Fotoapparat hervornehmen und die ganze Prozedur in umgekehrter Wirkungsrichtung wiederholen. Zudem muss auch das Wetter mtspielen. Darum gibt es gar nicht viel mehr Bilder, als diese hier in diesem Blog. 

Merci

Übrigens herzlichen Dank für die zahlreichen Genesungswünsche und aufmunternden Worte. Das hilft mir, wenn der Genuss wegen den Beschwerden zu weichen droht oder wenn ich schlaflos daran rumturne, wie der nächste Tag wohl wird. Bettenglück habe ich leider wenig. So habe ich eben auch wieder meine Matratze auf dem Boden gelegt, weil das Bett viel zu weich ist. Wenigstens sind die Betten nicht mit Fussbrettern ausgerüstet (unangenehm, wenn man fast länger als das Bett ist): Aber Hand aufs Herz, das Wetterglück ist wichtiger. Mit ihm werden die Erinnerungen verbunden werden.
PS: Dachte ich in Finnland, dass man nur mit einem Boot ein echter Finne (m) ist, gilt das für die Norweger (m) wohl mit dem Traktor.